Bewegung im Kreisel
Das Forum Strasse 2021 im virtuellen Raum
Im Kreisel gibt es im doppelten Sinne Bewegung, denn nicht nur der Verkehr bewegt sich, sondern auch die Technologie. Mit diesen Worten eröffnete Dr. Christian Angst das Forum Strasse. Aufgrund der pandemischen Lage wurde das Forum per Livestream aus dem Schulungsraum der IMP Bautest AG durchgeführt. Angst war hocherfreut, an die 300 zugeschaltete Teilnehmer zu begrüssen.
Oberbuchsiten Die Bevölkerung nimmt Kreiselbaustellen als lange, störende Behinderungen wahr und ist sich des Aufwandes nicht bewusst. Da Strassen auch Leitungsträger sind (Stromkabel, Telekommunikation, Gas, Trink- und Abwasser) liegt ein 3 dimensionales Problem vor; zudem müssen Verkehrsfluss und -Sicherheit aller Beteiligten dauernd gewährleistet werden. Ein komplexes Problem, welchem sich das Forum Strasse einen Tag lang gewidmet hat. Frau Prof. Marion Dörfel, Berner Fachhochschule BFH, erläuterte Sinn und Zweck eines Kreisels und zeigte auch deren Grenzen auf. Die Vorteile liegen in der Reduktion der Konfliktpunkte, der Verlangsamung des Verkehrs, der hohen Leistungsfähigkeit und in der guten Erkennbarkeit/Übersichtlichkeit. Die Erfolgsgeschichte der Kreisel hat international zu grossen Anstrengungen geführt, um Planungsgrundsätze und Anforderungen zu vereinheitlichen. Und trotzdem: es gibtauch Fälle, bei denen eine herkömmliche Kreuzung sinnvoller ist. Kreisel bieten auch Möglichkeiten für gestalterische Elemente, oft am Dorfeingang. Xavier Robyr, Bauingenieur aus Sierre, zeigte anhand eines praktischen Beispiels die Komplexität der Planung von Kreiseln, insbesondere beim Umbau bestehender Kreuzungen unter Verkehr. Werkleitungen sind einzubeziehen und allenfalls Instand zu stellen, was das Problem 3 dimensional macht. Neben den Bauarbeiten ist auch für eine permanente Zufahrt zu den Anstössern, sowie einem flüssigen und sicheren Verkehrsfluss für Autos/LW, Velo und Fussgänger zu sorgen. In der Regel sind Veränderungen der Topografie (insbesondere Quergefälle im Kreisel) erforderlich, was sich bis auf die Trinkwasserleitungen auswirken kann, denn diese müssen aus Gründen des Frostschutzes in einer bestimmten Tiefe liegen. Herr Philippe Chifflet, technischer Direktor Colas Europa, erläuterte den Einbau bituminöser Beläge im Kreisel. Die engen Radien, der kanalisierte Verkehr, sowie Brems- und Beschleunigungskräfte führen zu einer wesentlich höheren Beanspruchung der Fahrbahn als bei rollendem Verkehr. Hochstandfeste Asphaltbeläge in kleinen Etappen einzubauen ist eine besondere Herausforderung. Daher sollten nicht nur möglichst grosse Einbauetappen geplant werden, sondern auch temporäre Sperrungen nachts oder am Wochenende. Der Unternehmer Daniel Hardegger; Walo Bertschinger AG, konnte aus seinem grossen Erfahrungsschatz viele Tipps und Tricks zum Betonbelag im Kreisel vermitteln. Die Wahl des Belages sollte früh in der Projektphase getroffen werden, da sie die Planung beeinflusst. Der Betonbelag kommt idealerweise auf eine Asphaltschicht zu liegen. Neuerdings laufen Versuche im Kanton Aargau, um Ultrahochfesten Beton UHFB als Deckschicht zu verwenden. Prof. Sivapatham Pahirangan, bergische Uni Wuppertal, gab einen Überblick über die deutschen Erfahrungen und Trends. Für die Asphaltdeckschichten wurde ein spezieller, splittreicher Asphaltbeton AC D SP entwickelt, da mit den bisherigen Mischgutsorten. Mit dem Vorschlag, die Deckschichten in Kreisel hell einzufärben, sollen Verformungen - dank niedrigeren Temperaturen - noch besser bekämpft werden können. Obwohl in den letzten Jahren die Anzahl Beton-Kreisel in Deutschland zugenommen hat, liegt deren Anteil immer noch deutlich unter 10 %.
Das Trio Jütz eröffnete den Nachmittag mit einem Mix aus traditionellen Volksliedern und neuem Heimatsound. Erik van den Kerkhof vom BRRC (Belgisches Strassen Forschungszentrum) gab einen interessanten Überblick über die Anwendungen in Belgien. Der Beton-Strassenbau hat in diesem Land traditionellerweise ein grösseres Gewicht als beispielsweise in der Schweiz. So ist es nicht verwunderlich, dass der weltweit erste, durchgehend armierte Betonkreisel in Belgien (1995) erstellt. wurde. Dank der 25-jährigen Erfahrung mit dieser Bauweise geniesst sie in Belgien klare Priorität. Trotzdem werden auch Kreisel in Asphaltbauweise verwendet, wobei hier eine Vielzahl an Lösungen im Einsatz stehen. In einer engagiert durchgeführten Podiumsdiskussion, bei welcher der bekannte Sport-Radio-Moderator Bernie Schär die Kontrahenten Hans Peter Beyeler (Direktor Eurobitume Schweiz) und Peter Wellauer (Direktor Marketing BetonSuisse) gegeneinander antreten liess, wurden die Vor-/Nachteil der Bauweisen Asphalt und Beton besprochen. Der ausgezeichnet vorbereitete Moderator vermochte die Diskussion auch in den Tiefen der Strassenbautechnik spannend und emotional zu leiten.