Windpark Born: «Schlauer, Alternativen zu prüfen, als im Winter zu frieren»
Kappels Gemeindepräsident Rainer Schmidlin über die Highlights und Herausforderungen im Jahr 2022, wie die Rückmeldungen zum möglichen Windpark auf dem Born ausfallen und was die Gemeinde 2023 beschäftigen wird.
Im Juni 2022 wurde der Bau eines neuen Kindergartengebäudes beschlossen. Wie sieht diesbezüglich der Fahrplan aus?
Der Aushub ist gemacht. Die Arbeiten schreiten voran. Der Zusatzauftrag aus der Budgetgemeindeversammlung für die Erarbeitung einer Offerte bezüglich Installation einer Fotovoltaikanlage ist erteilt. Auch wenn anlässlich des Spatenstichs das Architektenteam meinte, dass der Kindergarten D nicht wie von mir erhofft mit dem Schuljahresbeginn in Betrieb genommen werden kann, habe ich die Hoffnung darauf noch nicht ganz aufgegeben.
Im September wurde der neue Jugendtreff eröffnet. Wird das Angebot bereits rege genutzt?
Das Interesse der Jugendlichen zum Start dieses Gemeinschaftsunternehmens der drei Gemeinden Gunzgen, Hägendorf und Kappel war schon fast furios. Bis jetzt scheint es, dass das Bedürfnis der Jugendlichen nach einem Treffpunkt nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der wirklichen Welt vorhanden ist.
Welche weiteren Highlights bleiben Ihnen vom Jahr 2022 als Gemeindepräsident in positiver Erinnerung?
Dass wir nach einer zweijährigen Zwangspause unsere Anlässe wieder durchführen durften. Die Erleichterung über das Pandemieende war richtiggehend spürbar. Das Highlight für mich war die Budgetgemeindeversammlung im Dezember. Nicht (nur) weil alle Anträge des Gemeinderates angenommen wurden, sondern die Art und Weise, wie diszipliniert von Befürwortern und Gegnern bei einzelnen Traktanden argumentiert wurde. Das war für mich direkte Demokratie in Reinkultur.
Wie sind die Rückmeldungen aus der Bevölkerung ausgefallen, als die Idee zum Windpark auf dem Born publik wurde?
Persönlich gefällt mir ein Born ohne Windpark auch besser als einer mit. Allerdings wäre der Born ohne den Steinbruch in Wangen auch schöner. Dieser ist, im Unterschied zu einer Windkraftanlage, jedoch unwiderruflich und im wahrsten Sinn des Wortes in Stein gemeisselt. Die Grundstimmung bei den Kappeler Einwohnern ist die, dass es schlauer ist, Alternativen zu prüfen, als im Winter zu frieren. Und genau das ist es, was unsere Anfrage beim Kanton um Aufnahme eines Windparks Born in den Richtplan ist; die Prüfung, ob in einem bestimmten Gebiet eine alternative Energieproduktion mit einer heute verfügbaren Technologie für einen beschränkten Zeitraum errichtet werden könnte. Es gab auch Anfragen von Investoren aber: erstens stehen wir von einer eventuellen Realisierung noch weit weg und zweitens ist für uns klar, dass wenn es so weit käme, dieses Projekt ein von der Region für die Region getragenes zu sein hat. Die Menschen aus der Region sollen einen Teil ihres Energiebedarfs daraus decken können. Nebst dem Energiepreis ist nämlich die Verfügbarkeit von Energie eine nicht zu unterschätzende Komponente. Nebst des in Realisierung stehenden Wärmeverbunds Kappel und dem Auftrag aus der Gemeindeversammlung betreffend Photovoltaik, ist Windkraft eine weitere Möglichkeit, unsere Abhängigkeit von ausländischen Energielieferungen zu reduzieren. Der überwiegende Teil der Bevölkerung sieht das so.
Stichwort Born: Wie viele Fahrbe-willigungen wurden durch die Einwohnergemeinde 2022 für die Fahrt mit dem Auto auf den Born ausgestellt?
Für 176 Fahrzeuge, deren Halter in Kappel wohnhaft sind, wurden Jahresbewilligungen ausgestellt. 58 auswärtige Mobilisten haben eine Jahreskarte erworben. Ein Automobilist erwarb eine Monatskarte und 40 Tagesbewilligungen wurden gelöst, wobei eine Tagesbewilligung gemäss Reglement auch mehrere Fahrzeuge beinhalten kann.
Welches waren die grössten Herausforderungen, welche die Gemeinde 2022 zu bewältigen hatte?
Nach resp. mit der Pandemie sind wir nun schon fast erprobt, Krisen zu bewältigen. Der Krieg gegen die Ukraine und die Flüchtlingswelle war eine der grösseren Herausforderungen. Weil wir in Kappel konzentriert über «günstigen» Wohnraum verfügen und die Sozialregion rasch die Menschen unterbringen musste, wurde Kappel Wohnort von deutlich mehr Flüchtlingen als in den Vorjahren. Unsere zusätzliche Herausforderung ist Schulkinder, welche kein Wort unserer Sprache verstehen, in unser Bildungssystem zu integrieren.
Welche Themen werden die Gemeinde 2023 beschäftigen?
Die Energieversorgung, die Inflation mit einer wahrscheinlichen Rezession sowie die Migrationsbewegungen werden uns in der Gemeinde beschäftigen. Das Unbefriedigende ist, dass wir bei allen Themen aus eigener Kraft wenig zur Lösung beitragen können und lediglich Symptome zu bekämpfen haben.
Sie haben das letzte Wort.
Das nutze ich, um Danke zu sagen. Danke den Einwohnerinnen und Einwohnern der Gemeinde für die Unterstützung, die der Gemeinderat im vergangenen Jahr erfahren durfte. Danke den Kommissionen für Ihre geleistete Kommissionsarbeit. Danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Lehrerinnen und Lehrern und allen noch nicht Erwähnten, die mithelfen, das Gemeinwesen am Laufen zu halten.
Interview: David Annaheim